Pferdeanlässe

Pferdewohl bestimmt Zukunft des Pferdesports


Der Schweizer Tierschutz STS besucht seit Jahren unangemeldet Pferdesportanlässe und andere Veranstaltungen mit Pferden. Dabei wird das Wohlbefinden der Tiere beurteilt. Die Bilanz für 2023 fällt gemischt aus: Einzelne Veranstalter haben die vom STS geforderten Verbesserungen umgesetzt. Turnierbesuche an Polo- und Trabrennen zeigten jedoch, dass vor allem bei schmerzverursachenden Hilfsmitteln dringender Handlungsbedarf besteht.

Besucht wurden im Jahr 2023 sieben Anlässe. Auch diesmal ist es aus Sicht des STS wieder angezeigt, tierschutzrelevante Vorkommnisse im Umgang mit den Pferden publik zu machen. Die Besuche von Pferdeanlässen erfolgten bei zwei Polo-Turnieren (Zuständigkeit Swiss Polo Association), zwei Pferderennen (Zuständigkeit Dachverband Schweizerischer Pferderennsport-Verband SPV), einer Freizeitreiterprüfung (Zuständigkeit Schweizer Freizeitreiterverband SFRV), beim Basel Tattoo 2023 (Zuständigkeit Stadt Basel) und Zuchtanlässen (Zuständigkeit Schweizerischer Freibergerverband). Weiter finden die Bemühungen des Schweizer Tierschutz STS für einen pferdefreundlichen Umgang immer breitere Anerkennung. Die Aktion «Happy Horse – gutes Reiten auf dem Vorbereitungsplatz» wird immer beliebter und stösst sogar im Ausland auf Interesse.

Wenn Pferde oder Ponys zu unserem Vergnügen im Sport oder in der Freizeit eingesetzt werden, soll es ihnen gut gehen. Mittlerweile stehen auch genügend wissenschaftliche Indikatoren zur Verfügung, um das Wohlbefinden der Tiere objektiv einschätzen zu können. Nach solchen Kriterien werden die Reiterinnen und Reiter beim «Happy Horse – gutes Reiten auf dem Vorbereitungsplatz» beurteilt. Dabei zeigte sich – erstmals war auch Springen dabei – auf allen Plätzen, dass sich pferdefreundliches Reiten sehr wohl in guten Resultaten auszahlt: Am Concours Complet im NPZ Bern waren beispielsweise alle Klassierten vorgängig mit dem «Happy Horse»-Award ausgezeichnet worden. 

Wachsendes Interesse zeigten an dieser vor vier Jahren lancierten Aktion nicht nur Veranstalter aus dem Inland. Mehr über die den Zeitgeist reflektierenden Einsätze wollten von «Happy Horse»-Partner Swiss Equestrian auch ausländische Verbände erfahren. Auch wurden auf internationaler Ebene Gespräche geführt, ob sich das «Gutes Reiten auf dem Vorbereitungsplatz» nicht vereinheitlichen liesse. Der immer öfter zu hörende Begriff «Social Licence to operate» wird erfreulicherweise von immer mehr Verbänden ernst genommen. Der STS nimmt diese positive Entwicklung gerne zur Kenntnis. Denn anlässlich seiner Besuche kommt ihm immer häufiger zu Ohren, dass der Pferdesport nur dann eine gute Zukunft habe, wenn dem Pferdewohl oberste Priorität zukomme. Swiss Equestrian Präsident Damian Müller spricht in diesem Zusammenhang Klartext: «Wir haben unsere Reglemente und wir haben in der Schweiz das Tierschutzgesetz. Wer über diesen Rahmen hinaus geht, der verletzt die Nulltoleranz.» 

Die Turnierbesuche des STS an internationalen Anlässen bleiben nicht ohne Wirkung, wie sich beim Youth Masters in Zürich-Dielsdorf ZH zeigt. Noch vor anderthalb Jahren stand das Turnier in der Kritik, weil auf dem Abreitplatz Rollkur zu beobachten war. Um den Nachwuchs früh auf einen pferdefreundlichen Umgang zu trimmen, vergaben die Organisatoren im Jahr 2023 erstmals einen «Horse Welfare Price». Für 2024 wurde der STS eingeladen, vor Ort die Reiterinnen und Reiter für das Pferdewohl zu sensibilisieren. 

Leider zeigen die Turnierbesuche bei Polo-Spielen und Trabrennen aber auch auf, dass vor allem bei schmerzverursachenden Hilfsmitteln Handlungsbedarf besteht. Der Fantasie der Menschen scheinen keine Grenzen gesetzt, wenn mit Riemen, Stangen und Gebissen der Erfolg erzwungen werden will. Ausbildungsmängel und reiterliche oder fahrerische Defizite sind wohl die eigentliche Ursache für die Suche nach Hilfsmitteln, mit denen man sich eine bessere Kontrolle der Pferde verspricht. 

Extreme Fälle sind nach wie vor im Polosport festzustellen – die Spielerinnen und Spieler müssen sich selten über reiterliche Grundkenntnisse ausweisen. Zudem verwenden sie diverse für den STS inakzeptable Hilfsmittel und zeigen während des Spiels oftmals einen grob wirkenden Umgang mit ihren Ponys. Die vom STS am Polosport erneut angebrachte Kritik blieb nicht ohne Wirkung. Der STS wurde von der Swiss Polo Association zu einer Aussprache in den Polo-Club Zürich eingeladen, wo er nochmals die für ihn tierschutzrelevanten Punkte vorbringen konnte. Dass Verbesserungsbestrebungen bei der reiterlichen Ausbildung im Gang sind, wird den Poloponys zugutekommen. Der Gesundheit der Ponys wird durch das international gültige Reglement im Spiel viel Beachtung geschenkt. So wurden die Chukkers am Polo Gstaad der hohen Temperaturen wegen verkürzt. Es spricht für die Schweizer Spielerinnen und Spieler, dass auf Amateurniveau die Ponys viel gefühlvoller geführt werden als auf hoher Handicapstufe (Profis). 

Aus Sicht des STS ist die Ausrüstung im Trabrennsport tierquälerisch. Die Overchecks knebeln die Pferde förmlich in eine Haltung, um sie in Balance zu halten und das Angaloppieren zu unterbinden. Das im Jahr 2023 auf den 1. März in Kraft gesetzte Reglement schreibt zwar vor, dass der Checkriemen genügend lang sein muss, um das Pferd nicht dazu zu bringen, eine unnatürlich hohe Kopfposition einzunehmen. Dabei dürfte die Nase nicht höher gehalten werden als eine horizontale Linie, die auf der Widerristhöhe verläuft. Fotos aus Rennen zeigen allerdings, dass in gewissen Rennverläufen dieser Vorgabe zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird. Erfreulicherweise sieht der Revisionsvorschlag des Bundesamtes für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen vor, den Overcheck in Zukunft zu verbieten, wobei der STS eine Ausdehnung auf Kopfstangen verlangt. Das Reglement von Suisse Trot führt exakt auf, welche Gebisse erlaubt sind. Doch auch hier waren Gebisskombinationen zu entdecken, die nicht den Vorschriften entsprachen und bei den Pferden deutliches Unwohlsein zu verursachen schienen. Erfreulicherweise ist festzustellen, dass übermässiger Peitscheneinsatz oder falscher Leinengebrauch von den Rennleitungen öfters geahndet werden als in früheren Jahren.

Anmerkung: Galopp Schweiz hat am 10. März 2024 kommuniziert, dass sie per 1. Juli den Gebrauch der Peitsche zum Antreiben der Pferde in Rennen verbietet. werden STS begrüsst diesen Entscheid, er kritisierte den Gebrauch der Peitsche seit Jahren in seinen Pferdesportberichten und übte Druck auf die Verbände aus.

Weitere Anlässe: Blick über Wettkampfsport hinaus

Für den Schweizer Tierschutz STS ist ein im Einklang mit der Natur des Pferdes stehender Umgang auf allen Stufen und in allen Disziplinen oberstes Gebot. Turnierbesuche finden deshalb in der Freizeitreiterszene genauso statt wie im internationalen Spitzensport. Was immer auch wir Menschen von unseren Pferden verlangen, wir können nur das abrufen, was den Pferden von Natur aus mitgegeben ist. 

Ganz im Sinn des Schweizer Tierschutz STS führte der Schweizer Freizeitreitverband SFRV seine «SFRV HorseChallenge» durch. Die verlangten Aufgaben in den vier Disziplinen erforderten ein breites Alltagstraining. Denn wer an einer Prüfung teilnimmt, will gut abschneiden. Möglich ist das nur, wenn ein regelmässiger Umgang für ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen Menschen und Pferd respektive Pony führt. Dies wurde an dem Anlass erfreulicherweise bewiesen. 

Der Schweizer Tierschutz STS achtet nicht nur im Sport aufs Pferdewohl und besuchte das Basler Tattoo sowie Zuchtanlässe bei den Freibergern. Grosse Aufregung zeigten die Pferde der Royal Cavalry aus Oman während des Auftritts trotz hoher Lärmbelastung nicht. Der STS stellt sich aber gegen solche Tiernummern an Veranstaltungen, die u.a. mit langen, stressreichen Flugreisen und belastenden Angewöhnungszeiten verbunden sind. Insbesondere dann, wenn Tiere aus Ländern eingeflogen werden, die wenig Wert auf das Pferdewohl zu legen scheinen. Und zudem, das Fluchttier Pferd passt schlecht an Veranstaltungen/Umzüge mit lauter Musik und grossen Menschenmassen.

Die Zucht ist die Basis des Pferdesports, weshalb der Schweizer Tierschutz STS sich bei den Freibergern mit der Hengstselektion und der Jungpferdeprüfung Feldtest befasste. Die in der ersten Hälfte Januar angesetzte Körung mit anschliessendem 40-tägigem Stationstest ist aus Sicht des Tierschutzes für die mehrheitlich noch keine 36 Monate alten Junghengste zu früh angesetzt. Gegen eine Präsentation an der Hand im Frühjahr ist nichts einzuwenden, der Stationstest mit Reiten und Fahren sollte jedoch erst im Herbst stattfinden. Beim Feldtest für die Dreijährigen gab der Fahrtest Anlass zu Kritik, weil im Programm Lektionen wie versammelter oder starker Trab sowie Schritt am Gebiss verlangt sind, die ein Pferd erst nach langer und seriöser Ausbildung zeigen kann.

«Happy Horse» erstmals beim Springen

Die Auszeichnung für gutes Vorbereiten der Pferde auf dem Abreitplatz für Dressur, Concours Complet und Western hat sich beim Schweizer Tierschutz STS im Jahresprogramm mittlerweile fest etabliert. Erfreulicherweise konnte der STS nun auch beim Springen gutes Abreiten auszeichnen. Möglich war dies, weil Organisatoren sich bereit erklärten, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit Kopfnummern zu kennzeichnen. Der STS fordert schon länger, dass die Pferde an Springturnieren wie in Dressur, Concours Complet und Fahren gekennzeichnet sind. In Diepoldsau SG hatte das Bewerterteam ein 70er-Feld der Stufe B/R 95 cm zu beurteilen, am Concours Olsberg war es eine reine Freibergerprüfung. Der «Happy Horse»-Einsprung ins Springen klappte auf Anhieb bestens. Mit guter Übersicht konnten die beiden Fachpersonen bei den Paaren die Lösungsphase genauso gut beobachten wie das Anreiten der Übungshindernisse. Erfreulich fiel der Kommentar zu Olsberg AG aus. Im Bericht über den Anlass steht: «In der heutigen Zeit, wo der Pferdesport oft in die Kritik gerät, hat eine Aktivität wie die des ‘Happy Horse Awards’ einen hohen Stellenwert. Es zeigt sich der konkrete Wille der Pferdewelt, das Tierwohl zu verbessern.»

Forderungen des STS


An das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen und die zuständigen Kantone

  • Schlaufzügel und Overchecks sowie Kopfstangen müssen an allen Turnieren in der Schweiz konsequent verboten werden.

An Swiss Equestrian

  • Die Swiss Polo Association SPA ist Mitglied von Swiss Equestrian. Swiss Equestrian hat mit der SPA erfreulicherweise bereits Gespräche über die Grundausbildung, das Wohlergehen der Pferde und die Dopingkontrollen geführt. Die SPA setzt jedoch weiterhin auf freiwillige Online-Kurse, hat das Ausrüstungsreglement nicht revidiert und das Thema Dopingkontrollen nach einigen Tests abgeschlossen. Der STS hofft, dass Swiss Equestrian in diesen Punkten mehr Druck macht, damit es den Polopferden in Zukunft besser geht.
  • Der Schweizerische Pferderennsport-Verband (SPV) ist Mitglied bei Swiss Equestrian. Der STS hofft darauf, dass Swiss Equestrian den SPV erneut motiviert, ihr Reglement zu überarbeiten, damit die heute noch angewendeten, aus Sicht des STS tierquälerischen Hilfsmittel nicht mehr anzutreffen sind.

An die Swiss Polo Association (SPA)

  • Die Ausbildung der Polo-Spielerinnen und -Spieler darf nicht nur online stattfinden. Es ist eine Grundausbildung mit Prüfung zu absolvieren, die von der Swiss Equestrian angeboten wird.
  • Im Polo sollen regelmässige Dopingtests durchgeführt werden. 
  • Im Polo werden derzeit Ausrüstungsmittel erlaubt, die in keiner anderen Disziplin toleriert werden. Die Kombination von Hilfszügeln mit scharfen Gebissen ist (auch in Trainings) zu verbieten und das Reglement der SPA entsprechend anzupassen. Es ist absolut inakzeptabel, dass sogar 6-jährige Kinder und/oder Anfänger damit reiten.

An den Schweizer Pferderennsport-Verband (SPV)

  • Der STS fordert den SPV auf, endlich die Weisungen in Bezug auf die Ausrüstung zu überarbeiten. Overchecks und Kopfstangen sollen verboten werden.
  • Gebisskombinationen, die nicht dem Reglement entsprechen und bei den Pferden deutliches Unwohlsein zu verursachen scheinen, müssen geahndet werden. 
  • Bei grobem Umgang muss eingegriffen werden – und zwar nicht nur beim Peitscheneinsatz.

An die Stadt Basel und die Veranstalter des Basel Tattoo

  • Die Stadt Basel und die Veranstalter des Basel Tattoo sollen zukünftig auf den Einsatz von Pferden verzichten.

An den Schweizerischen Freiberger Verband (SFV)

  • Die Hengstselektion ist neu zu gestalten mit einer früh im Jahr stattfindenden provisorischen Körung an der Hand und später im Jahr mit dem Stationstest und definitiver Anerkennung.
  • Der Fahrtest ist beim Feldtest altersgerecht zu gestalten ohne Lektionen wie Schritt am Zügel sowie versammelter und starker Trab.

Berichte Pferdeanlässe


  • Gutes Reiten

    Gutes Reiten

    Propagiert wird sie überall, die Harmonie zwischen Pferden und Reiterinnen oder Reitern. Überall anzutreffen ist sie leider nicht. Mit der Aktion «Happy Horse – gutes Vorbereiten auf dem Abreitplatz» zeichnet der Schweizer Tierschutz STS pferdefreundliches Reiten aus und findet damit eine immer breitere Unterstützung.

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  • Freiberger Zuchtselektionen

    Freiberger Zuchtselektionen

    Als letzte einheimische Pferderasse geniesst das Freiberger Pferd besondere Förderung durch den Bund. Dennoch gingen die Geburtenzahlen in den vergangenen Jahren stetig zurück, obwohl die Freiberger auch jenseits der Grenze den Freundeskreis laufend ausweiten können.

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  • Basel Tattoo

    Basel Tattoo

    Für das Basel Tattoo 2023 vom 14. bis zum 22. Juli haben die Organisatoren als Attraktion die «Combined Bands of the Royal Cavalry and the Royal Guard of Oman» eingeladen.

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  • SFRV HorseChallenge

    SFRV HorseChallenge

    Als «Die Sportart für Freizeitpferde» preist der Schweizer Freizeitreitverband SFRV die Disziplin Horse Challenge® an. Was unter Freizeitpferde zu verstehen ist, wurde den Zuschauerinnen und Zuschauern am 1. Juli vor Augen geführt.

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  • Rennsport Schweiz

    Rennsport Schweiz

    Aufgrund der im Turnierbericht 2022 festgehaltenen Eindrücke hat es der Schweizer Tierschutz STS als nötig erachtet, sich auch im Jahr 2023 ein Bild von den Verhältnissen im Pferderennsport zu verschaffen und besuchte zwei Pferderennen (Avenches VD, Aarau AG).

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  • Poloturniere

    Poloturniere

    Im Rahmen seines Turnierberichts 2023 besuchte der Schweizer Tierschutz STS im Juni ein Turnier im Polo Park Zürich in Ohringen ZH und im August den Gold Cup in Gstaad BE. Erneute Augenscheine drängten sich nach den bei früheren Beobachtungen festgestellten tierschutzrelevanten Vorkommnissen auf.

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