Rennsport Schweiz
Avenches VD, 24. Juli 2023
Aarau AG, 27. August 2023
Einleitung
Aufgrund der im Turnierbericht 2022 festgehaltenen Eindrücke hat es der Schweizer Tierschutz STS als nötig erachtet, sich auch im Jahr 2023 ein Bild von den Verhältnissen im Pferderennsport zu verschaffen und besuchte zwei Pferderennen (Avenches VD, Aarau AG). Dass aus tierschützerischer Sicht ein genaueres Hinschauen wichtig ist, zeigen auch die vermehrten Hinweise der Rennleitungen in den Bemerkungen der Rennprotokolle. Gerade was den falschen oder übermässigen Peitschen- und Leinengebrauch bei den Trabern anbetrifft, sind im Jahr 2023 Bussen und Verwarnungen schneller ausgesprochen worden als in früheren Jahren. Dieses strengere Sanktionieren wird vom STS begrüsst.
Das neu eingeführte Punktesystem – Vorkommnisse werden seit dem 1. Juli 2023 auch mit Punkten geahndet, bei 5 Punkten gibt es einen Lizenzentzug für 1 Tag – und die von der Sanktionskommission ausgesprochenen Verfügungen sind ebenfalls lobenswert. Nicht nachvollziehbar ist allerdings, dass beim Trab bei der Ausrüstung noch immer so viele Hilfsmittel erlaubt sind, die dem Pferd Schmerzen zufügen können.
Beobachtungen
In den Rennen in Avenches VD, die zum Glück unfallfrei verliefen, fiel bei einigen Trabern sowohl während der Identifizierung im Führring wie auch bei der Rückkehr von der Bahn ihre Zäumung und deren Gebisse auf. Bei einer Mehrheit der Pferde wurden sowohl in Avenches VD wie auch in Aarau AG noch immer sogenannte Overchecks verwendet. Man wurde von den Pferden, mit offenen, unruhigen und schäumenden Mäulern und vereinzelt sogar auch mit unruhigem Kopf geradezu auf diese Probleme aufmerksam gemacht.
Aus Sicht des STS ist die beobachtete Ausrüstung im Trabrennsport mit dem Tierwohl nicht vereinbar. Die Overchecks knebeln die Pferde förmlich in eine unnatürliche Haltung, um damit das Pferd in Balance zu halten und das Angaloppieren zu unterbinden. Das am 1. März 2023 eingeführte Reglement schreibt zwar endlich vor, dass die Checkriemen genügend lang sein müssen, um das Pferd nicht dazu zu bringen, eine unnatürlich hohe Kopfposition einzunehmen. Dabei dürfte die Nase nicht höher gehalten werden als eine horizontale Linie, die auf der Widerristhöhe verläuft. Das Reglement wird aber scheinbar weder eingehalten noch von den Rennleitungen vollzogen. Unter diesen Umständen fällt es schwer, den Äusserungen des Schweizer Pferderennsportverbandes Glauben zu schenken, für Verbesserungen beim Tierwohl zu sorgen. Doch darum wird er nicht herumkommen, wie das im Turnierbericht eingangs behandelte Thema «Social Licence to operate» (SLO) bewusst macht.
Erfreulicherweise wurde aber sowohl in Avenches VD wie auch in Aarau AG bewiesen, dass der Sieg auch mit einer pferdefreundlicheren Ausrüstung möglich ist. So gab es Fahrerinnen und Fahrer sowie Besitzerinnen und Besitzer, die auf Hilfsmittel und scharfe Gebisse verzichteten.
Fazit und Forderungen
Bei den Besuchen durch den Schweizer Tierschutz STS schien sich vorwiegend bei den Trabern wiederholt ein offensichtliches Unbehagen der verschiedenen Pferde zu zeigen. Es wurden Zäumungen, Gebisse und Beschirrungen eingesetzt, die den Pferden eine normale Haltung von Kopf und Hals verunmöglichen. Das gültige Reglement forciert tierschutzwidriges Verhalten, wenn Pferde, verursacht durch die verwendeten Zäumungen und Gebisse, offensichtliches Unbehagen respektive Schmerz zeigen. Zieht man zudem in Betracht, mit welcher Kraft die Fahrerinnen und Fahrer an den Zügeln ziehen können, wenn sie mit vollem Gewicht die Füsse gegen die Bügel stemmend zurücklehnen, wird die Zügelkraft massiv verstärkt. Der STS fordert den SPV auf, die Weisungen in Bezug auf die Ausrüstung und den Schutz der Pferde zeitnah zu überarbeiten. Overchecks müssen verboten werden. Glücklicherweise beinhaltet der aktuelle Revisionsvorschlag des Bundessamts für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) ein Verbot des Overchecks. Der STS hat um eine Erweiterung des Revisionsvorschlags gebeten und hofft, dass das Verbot in Kraft treten wird.