Zooberichte
Der umfassende Schweizer Zoo-Report
Der aktuelle Zoobericht umfasst 64 Institutionen. Sowohl grosse wissenschaftlich geführte Zoos wie auch kleinere Tierparks oder Volieren wurden durch den STS auf ihre Tierhaltung hin beurteilt. Einerseits soll dieses Verzeichnis Zoobesuchenden behilflich sein, sich vorgängig über einen Zoo zu informieren oder anhand der Beurteilung eine Auswahl zu treffen. Andererseits soll die (meist) konstruktive Kritik des STS die Zooverantwortlichen dazu bewegen, ihre Haltungsbedingungen und damit das Tierwohl zu verbessern.
Die Entwicklung hin zu tierfreundlicheren Anlagen, wie dies in den grossen Schweizer Zoos festgestellt werden kann, zeigt sich auch in vielen kleineren Zoos und Tierparks. Mit kleinem Budget, dafür mit umso mehr Engagement werden oftmals ausgezeichnete Ergebnisse erzielt. Wirklich schlechte Tierhaltungen wurden glücklicherweise nur noch sehr selten entdeckt. Allerdings finden sich praktisch in allen Zoos – selbstverständlich in unterschiedlichem Ausmass – Tierhaltungen, die vom STS kritisiert werden müssen. Dass die Reaktionen auf die von uns geäusserte Kritik meist positiv ausfielen und als Folge zeitnah Verbesserungen an den Anlagen in Angriff genommen wurden, zeigt, dass sich unsere Arbeit hier lohnt und Wirkung im Sinne des Tierwohls erzielt werden kann. Der STS-Zoobericht wird deshalb auch weiterhin aktualisiert und erweitert.
Zoos | Tierparks nach Region
Allgemeine Informationen
Zootierhaltung: Grundsätzliches
Tierschutzproblematik in Zoos
Noch vor wenigen Jahrzehnten boten viele Zoos und Tierparks hierzulande in ihrer Tierhaltung ein deprimierendes Bild: Viele Tiere wurden in äusserst kleinen, monotonen Käfigen oder Betongräben gehalten und zeigten aufgrund der massiven Haltungsmängel starke Verhaltensstörungen (zum Beispiel stereotypes Auf- und Ablaufen oder Körperschaukeln, Selbstverletzung, Apathie).
Der Schweizer Tierschutz STS deckte immer wieder derart tierschutzwidrige Haltungen auf. Nicht zuletzt die Recherchen des STS und der öffentliche Druck des Tierschutzes auf Zoobetreiber und Behörden führten in den vergangenen Jahren nach und nach zu Verbesserungen. Die Minimalvorschriften der Tierschutzverordnung wurden verschärft, und bei Neu- oder Umbauten legen Zoos heute mehr Wert auf eine grosszügigere und tierfreundliche Haltung. Auch die Verpflichtung der wissenschaftlich geführten Zoos auf die Weltzoostrategie gemäss WAZA/EAZA (und der Umstand, dass viele semi-professionelle Institutionen diesem Vorbild folgen), förderten bessere Tierhaltungen. Da sich viele Zoos nun als Arten- und Naturschutzzentren vermarkten, haben sie ein grosses Interesse an gesunden, aktiven und möglichst naturgetreu lebenden Zootieren, die überzeugende «Botschafter ihrer Art» sind. So spielen heute pädagogische Überlegungen, Zuchtbestrebungen, sowie verhaltensbiologische und veterinärmedizinische Erkenntnisse eine wichtige Rolle bei der Planung neuer Tiergehege. Die Sichtbarkeit der Tiere steht dagegen nicht mehr zwingend im Vordergrund – Zootiere dürfen sich auch einmal zurückziehen. Ebenso ist die «Bespassung» des Publikums mit möglichst exotischen Arten nicht mehr hauptsächlicher Daseinszweck der Zoos, so dass etliche Zoos von Tierdressuren oder der Haltung besonders problematischer Arten absehen. Die meisten Schweizer Zoos haben diese Entwicklungen mitgemacht, so dass sich die Qualität der Tierhaltung heute auf einem klar höheren Niveau als noch vor 20 Jahren präsentiert.
Überzählige Tiere
Noch vor wenigen Jahrzehnten galt die erfolgreiche Nachzucht einer Tierart als Qualitätsbeleg für deren Haltung. Dies muss aber nicht sein. Viele Tierarten vermehren sich unter einfachsten Bedingungen, solange ihre Grundbedürfnisse mehrheitlich befriedigt sind. Die Herausforderung einer modernen Tierhaltung muss sein, die Nachwuchssteuerung den verfügbaren Ressourcen anzupassen. Der Platz in den Zoos ist beschränkt. Dies führt dazu, dass in einem seriös betriebenen Zuchtprogramm nur Tiere zur Zucht empfohlen werden, deren Nachwuchs zur weiteren Erhaltung der Art in den Zoos nötig ist und dafür auch Platz zur Verfügung steht. Im Umkehrschluss bedeutet dies aber auch, dass viele Tiere an der Fortpflanzung gehindert werden. Durch räumliche Trennung der Geschlechter oder reversible oder irreversible Formen der Empfängnisverhütung. Für Tiere stellt es in der Regel kein Problem dar, sich nicht regelmässig fortzupflanzen, solange der Wegfall der damit verbundenen Verhaltenselemente durch andere Beschäftigungsmassnahmen kompensiert werden kann. Auch in der Natur gibt es kein «Recht auf Fortpflanzung».
Bei Tierarten, deren Population nicht gemanagt wird, liegt die Verantwortung über das Fortpflanzungsgeschehen beim jeweiligen Zoo selbst. Oberstes Kredo muss auch hier sein, dass nur soviele Nachzuchten zugelassen werden, wie auch tatsächlich gute Abgabeplätze zur Verfügung stehen. Es gilt also, nicht auf Vorrat und um der Besucherzahlen Willen niedliche Jungtiere zu produzieren, sondern die Nachzucht einem realistischen, verantwortungsvollen Regime zu unterstellen. Jungtiere einzuschläfern, nachdem sie ihre Aufgabe als Besucherattraktion erfüllt haben, ist selbstverständlich strikte abzulehnen. Die Verwendung einiger überzähliger Tiere als Nahrung für Fleischfresser im Zoo ist tolerierbar, solange erstere möglichst gut gehalten und fachgerecht getötet werden. Im Sinne der Transparenz soll dies auch an die Besuchenden kommuniziert werden.
Gesetzliche Situation
Es ist davon auszugehen, dass alle bewerteten Anlagen über die notwendigen Haltungsbewilligungen verfügen und den Mindestanforderungen der Tierschutzverordnung genügen. Dazu ist festzuhalten, dass die Vorschriften der eidgenössischen Tierschutzgesetzgebung keine optimalen Tierhaltungen definieren, sondern lediglich die Grenze zur Tierquälerei festlegen. Bei Um- oder Neubauten von Gehegen müssen seit 2008 bei vielen Tierarten neue wissenschaftliche Erkenntnisse über die Bedürfnisse der jeweiligen Tierart einfliessen (mittels Expertengutachten). Dies hat zur Folge, dass die Mindestvorgaben der TSchV bei diesen Tierarten (z. B. Beuteltieren, Menschenaffen, Grossbären oder diversen Antilopenarten) nicht mehr in jedem Fall Gültigkeit haben.
Herkunft Futtertiere
In der Regel hinter den Kulissen findet die Futterzubereitung und die mancherorts betriebene Zucht von Futtertieren statt. Es ist davon auszugehen, dass diese Futtertiere gesetzeskonform gehalten und getötet werden. Ebenfalls sind hier die Minimalvorgaben der Tierschutzverordnung, so wie dies bei den Schaugehegen ja auch gemacht wird, grosszügig und dem Tierwohl geschuldet, zu überbieten. Weniger transparent bezüglich der Haltungsqualität ist die Verwendung von eingekauften Futtertieren (oft Mäuse, Ratten und Kaninchen) aus dem Ausland. Hier liegt es in der Verantwortung der Zoobetreiber sicherzustellen, dass diese Tiere nicht aus tierquälerischen Haltungen kommen. Auch hier müssen die Vorgaben der Schweizer Gesetzgebung mindestens erfüllt, besser natürlich übertroffen werden.
Leistungsnachweis Artenschutz,
Naturschutz, Pädagogik
Zoos stellen gerne ihr Engagement im Bereich Natur- und Artenschutz in den Vordergrund. Der tatsächliche Leistungsnachweis ist vielfach jedoch erstaunlich gering. Koordinierte Erhaltungszuchtprogramme und Zuchtbücher gibt es mittlerweile rund 400 innerhalb der EAZA. Es ist sicherlich richtig, dass sich Zoos international koordinieren, um den Fortbestand der von ihnen gehalte nen Arten möglichst nachhaltig sicherzustellen. Es geht hier in erster Linie darum, das vorhandene «genetische» Potential der gehaltenen Arten möglichst nachhaltig zu nutzen. Auf diese Weise kann grösstenteils auf eine genetische Auffrischung durch Wildfänge verzichtet werden. Arten, die dank Zoos und ihren Erhaltungszuchtprogrammen vor dem Aussterben bewahrt und auch wieder erfolgreich in ihren ursprünglichen Verbreitungsgebieten angesiedelt werden konnten, sind tatsächlich aber deren wenige.
Die Anstrengungen im Bereich Naturschutz, wo sich in erster Linie grosse, finanzstarke Zoos engagieren, sind durchaus lobenswert, jedoch hinsichtlich ihrer Zielerreichung kritisch zu hinterfragen. Es zählen hier nicht nur die reinen Geldbeträge, die generiert und eingesetzt werden, sondern tatsächlich die Wirkung vor Ort. Eine kritische, regelmässig durchgeführte Evaluation der Projekte ist Teil des Qualitätsmanagements des jeweiligen Zoos und belegt die Glaubwürdigkeit seines, marketingmässig oftmals sehr offensiv beworbener, Naturschutzengagement.
Ähnlich verhält sich die Sachlage im Bereich der Pädagogik. Nicht die Anzahl der Zoobesucher oder die Summe der durch den Zoo geführten Gruppen per se sind hier Leistungsnachweis, sondern ob und wie das Klientel auf die Bedürfnisse der Tiere und Natur sensibilisiert werden konnte und sich dies auch positiv auf deren Verhalten im Tier- und Naturschutzbereich auswirkt. Ein aussagekräftiges, repräsentatives Nachweisverfahren zu entwickeln, das diese Effekte objektiv quantifizieren kann, ist durchaus herausforderungsreich. Zoos täten aber gut daran, werbewirksame Behauptungen bezüglich ihres pädagogischen Leistungsnachweises wissenschaftlich zu unterlegen.
Training, Sicherheit
Die Qualität einer Tierhaltung definiert sich nicht alleine über ihre Dimension oder Ausstattung der Anlage, sondern auch darüber, welche Möglichkeiten das Tier hat, selber Entscheidungen zu treffen und Abläufe beeinflussen zu können. Moderne, nach neuesten tiergartenbiologischen Erkenntnissen konzipierte Anlagen befähigen Tiere also dazu, sich ihren kognitiven und körperlichen Fähigkeiten entsprechend zu verhalten. Dies fördert sowohl die körperliche wie geistige Aktivität der Tiere, reduziert Stress und gibt ihnen Sicherheit. Auch die Arbeit mit den Tierpflegern oder Tiertrainern ist eine vertrauensfördernde Massnahme. Diese auf positiver Rückmeldung und Freiwilligkeit basierenden Trainingssessions bieten den Tieren Abwechslung und geistige Herausforderungen. Gleichzeitig können Tiere so an neue Situationen gewöhnt werden, beispielsweise an Transportkisten oder an Prozeduren für medizinische Untersuchungen durch tierärztliches Personal. Diese Trainingsmethoden, besonders auch im Bereich des medizinischen Trainings, haben in den letzten Jahren Einzug gehalten und sind, tiergerecht angewendet, dem Tierwohl sehr förderlich.
Umgang mit veralteten Anlagen
In vielen Zoos, und auch in grossen, wissenschaftlich geführten, gibt es veraltete Anlagen. Diese Gehege sind oftmals klein, von massiver Bauweise und bieten nur sehr beschränkt Möglichkeiten, neueste tiergartenbiologische Erkenntnisse zur Verbesserung der Tierhaltung umzusetzen. In der Planung der jeweiligen Zooentwicklung sind solche Anlagen prioritär zu behandeln. Ein Abbau, ein Neubau oder eine alternative Nutzung solcher Tierhaltungen sind vorzusehen und die entsprechenden finanziellen Mittel dafür bereitzustellen. Gerade für kleinere Zoos sind solche Projekte meist sehr ressourcenintensiv und nicht von Heute auf Morgen zu realisieren. Aus Gründen des Tierschutzes ist es richtig, die oftmals auch schon älteren Bewohner dieser Anlagen nicht dem Stress eines Umzuges oder parallel stattfindenden Umbaus auszusetzen, sondern ihnen einen möglichst bedürfnisgerechten Lebensabend in ihrer vertrauten Umgebung zu bieten.
Auswahl der Tierarten Tiere
Um die von Zoos oft bemühte Botschafterfunktion erfüllen zu können, müssen Tiere in naturnah und bedürfnisgerecht eingerichteten Anlagen gezeigt werden, in denen sie einen möglichst grossen Teil ihres arttypischen Verhaltensrepertoires ausleben können. Leider viel zu selten widerspiegeln die Anlagen den auch auf den Infotafeln beschriebenen Lebensraumcharakter der gezeigten Tierart. Fliegen, sprinten, graben, tauchen, leben in natürlichen, sozialen Gruppen sind Verhalten oder Lebensformen, die für die jeweiligen Tierarten charakteristisch sind und ihnen nicht vorenthalten werden sollen. Bestimmt wird auch im natürlichen Lebensraum nicht ständig das gesamte Spektrum möglicher Verhaltensweisen eines Tieres abgerufen. Trotzdem muss die Schaffung einer reizvollen, abwechlungsreichen, im positiven Sinne artspezifisch herausfordernden Umgebung, welche sich an den neuesten Erkenntnissen der Tiergartenbiologie orientiert, oberstes Kredo für die Zooverantwortlichen sein.
Forderungen des STS an die Zootierhaltung
Die grundsätzlichen Forderungen des STS zur Zootierhaltung lauten:
- Zoos sollen sich bei der Erstellung von Gehegen an den natürlichen Bedürfnissen der Art orientieren. Moderne, nach neuesten tiergartenbiologischen Erkenntnissen konzipierte Anlagen befähigen Tiere dazu, sich ihren kognitiven und körperlichen Fähigkeiten entsprechend zu verhalten. Durch spezifische Trainings lässt sich die Haltungsqualität zusätzlich steigern.
- Zoos sollen generell ihre Tierbestände überdenken, gegebenenfalls reduzieren. Grössere und besser strukturierte Gehege für weniger Arten sind anzustreben.
- Zoos sollen auf die Haltung von Arten verzichten, deren Ansprüchen an eine tiergerechte Haltung sie nicht entsprechen können. Alle Fachleute sind sich heute einig, dass es für die Zoohaltung von Menschenaffen sehr guter Gründe und allerhöchster Haltungsstandards bedarf. Es handelt sich bei diesen Tieren um unsere nächsten Verwandten: Evolutionsbiologie, Genetik, Verhaltensforschung und Psychologie zeigen immer deutlicher auf, wie nahe uns diese Tiere sind. Ohne diese Affen vermenschlichen zu wollen, ist der STS der Meinung, dass die Zootierhaltung hier besonders kritisch gesehen werden muss.
- Die Nachwuchsplanung ist so anzulegen, dass möglichst alle Jungtiere an gute Plätze vermittelt werden können.
- Zoos müssen einen Leistungsnachweis erbringen können, dass sie auch tatsächlich in nennenswerter Weise zum Natur- und Artenschutz beitragen.
- Höchste Tierhaltungsstandards sollen auch die Haltungsformen der verwendeten Fleischlieferanten (für Restauration und Futtertiere) einschliessen.